Mittwoch, 15. Juli 2009

Albtraum einer Sommernacht

Lange habe ich nicht mehr geschrieben, und das hat leider keine erfreulichen Gründe:

Mir war ja kurz nach der ersten Chemo während mehrerer Tage sterbensübel, zudem hatte ich starke Halsschmerzen (Schluckweh) bekommen. Das scheinen bekannte Nebenwirkungen zu sein. Am vorletzten Samstagabend (04.07.) hatte ich dann zunächst erhöhte Temperatur, die sich rasch zu Fieber entwickelte. Schliesslich mass ich 38,4°C ...

Ich meldete mich gegen 22:00 im Paracelsus-Spital in Richterswil (dort war ich operiert worden und gehe auch dahin für die Chemo). Man riet mir, unverzüglich auf der Notfallstation des nächstgelegenen Krankenhauses anzurufen und dorthin zu gehen. Ich wurde dort aber übelst abgewimmelt, obwohl ich mehrfach sagte, ich sei in Chemotherapie und hätte Fieber: "Rufen Sie in zwei Stunden nochmals an, wir haben jetzt dringendere Notfälle als ein bisschen Fieber!"

Ich war so wütend, dass ich wieder im Paracelsus-Spital anrief, die mich daraufhin sofort sehen wollten. Unterdessen hatte ich 39,2°C Fieber und fühlte mich scheusslich. Die Halsschmerzen wurden immer schlimmer, ich konnte kaum mehr schlucken und schon gar nicht mehr sprechen. Da ich meine Nachbarn - Bauern, die um 05:00 morgens wieder im Stall stehen und ihre Kühe melken müssen - nicht mitten in der Nacht wecken wollte und mein Partner dummerweise nicht zuhause war, fuhr ich bei Nacht und Regen selbst die knapp 45 km nach Richterswil. Ehrlich gesagt erinnere ich mich kaum an diese Fahrt, irgendwann war ich einfach dort.

Man nahm mir sofort Blut ab - ich hatte extrem schlechte Blutwerte (Leukos 0,6/Neutros 0,03); mein Immunsystem war praktisch zusammengebrochen und meine Abwehrkräfte deshalb sozusagen gleich Null. Ich bekam unverzüglich ein Breitband-Antibiotikum über den Port. Die diensthabende Ärztin meinte noch, ich hätte die Nacht womöglich nicht überlebt, wenn ich zuhause geblieben wäre...

Die Hals-/Schluckbeschwerden rührten offenbar von einer schweren Mucositis (Schleimhautentzündung) her, die anscheinend häufig auftritt bei Chemotherapien. Die Schmerzen wurden unterträglich und ich bekam während einiger Tage Morphium i.V. - bis 40 mg/Tag. Es war mir zwar nicht wirklich bewusst, aber ich schwebte zwischen Leben und Tod und lag isoliert, um weitere Infektionen zu vermeiden.

Glücklicherweise haben sich meine Blutwerte dank Antibiotika und umsichtiger Pflege innerhalb einer Woche wieder erholt. Dem Paracelsus-Spital möchte ich wirklich ein Kränzlein winden! Man hat sich dort nicht nur medizinisch erstklassig um mich gekümmert, sondern sich auch bei der Direktion des anderen Spitals mit mehr als deutlichen Worten beschwert, weil man mich trotz akuter Lebens- resp. Todesgefahr abgewimmelt hatte.

Offenbar ist eine so heftige Reaktion auf die erste Chemo selten. Ich habe auch - nach zwei Wochen! - bereits alle meine Haare verloren. Obwohl die Dosis der ersten Chemo korrekt berechnet worden war, ist für den nächsten Zyklus eine um 20% verminderte Dosis und eine bessere Begleitmedikation vorgesehen. Trotzdem graut mir davor...

Unterdessen ist mir klar, dass die Nebenwirkungen einer Chemotherapie nicht zu unterschätzen sind! Ich hätte mich viel früher im Spital melden müssen (in Zukunft werde ich das auch tun!) ... aber das fällt eben schwer, wenn man von Kindesbeinen an daran gewöhnt ist, tapfer sein und die Zähne zusammenbeissen zu müssen. Auch hier wird mich mein Krebs wohl noch etliches lehren! :idea:

Danke für euer Mitlesen, Mitfühlen und Mittragen!

21 Kommentare:

linnea hat gesagt…

liebe katarina,
ich bin sehr erschrocken bei deinen worten und bin in gedanken bei dir! ja, wende dich wirklich gleich, wenn es dir beunruhigend schlecht geht an ärzte!! ich denk an dich und glaube an deine heilung.
alles liebe,
linnea

Regina hat gesagt…

Liebe Katharina, gestern habe ich mich gefragt, wie es Dir wohl gehen mag und habe geplant, bei Dir nachzufragen. Nun bin ich fast ein wenig sprachlos ob Deinem Bericht. Und heilfroh, dass Du trotz allem diese Fahrt ins Paracelsus-Spital geschafft hast und dort gut betreut worden bist. Auch von mir alle guten Wünsche und Gedanken,
Regina

PS: und vielen Dank, dass Du hier ab und zu schreiben magst, wie es Dir geht.

beatesbox hat gesagt…

Auch ich habe mich gefragt wie es dir geht, immer wenn ich in meinem Blog zu tuen habe denke ich an dich,
In Gedanken und Gebeten bin ich bei dir
Grüßle Beate

Kati hat gesagt…

Hallo Katharina
Ich war auch erschrocken als ich gelesen habe was Dir passiert ist.
Ich bin in Gedanken bei Dir.
Hoffentlich geht es Dir jetzt etwas besser.
Kopf hoch Du schaffst das!
Ich drücke ganz fest die Daumen.
Tschüßi und eine schöne Woche wünscht Kati

ZiZi hat gesagt…

Ich bin sprachlos und sehr glücklich, dass du rechtzeitig Hilfe bekommen hast!
Meine Gedanken sind bei dir!

Hilflose Grüsse - ZiZi

Anonym hat gesagt…

Liebe Katarina,
zuerst einmal ist es schön, von dir zu lesen, wenn ich auch lieber einen ganz anderen Inhalt gehabt hätte. Ich kann es nicht fassen, was alles passiert in den Krankenhäusern und bin echt froh, dass das alles so glimpflich ablief. Was hätte passieren können, sollte man sich hier nicht ausmalen, schrecklich!!! Pass nur gut auf dich auf in der Zukunft, denn du wirst noch gebraucht und so viele Menschen mögen dich.
Liebe Grüße, Catrin.

Silke hat gesagt…

Liebe Katarina, pass bloß weiterhin gut auf dich auf. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass es von jetzt an wirklich nur noch bergauf geht. Und - es freut mich sehr, hier ab und an von dir zu lesen.
Viele liebe Grüße, Silke

Anonym hat gesagt…

Ich war schon beunruhigt über dein Schweigen, nun weiss ich warum. Trag ganz fest Sorge zu dir! Und ich sende dir ganz liebe Gedanken,
Cécile

Strickstube hat gesagt…

Liebe Katarina
Ich hatte gespürt, dass bei dir irgend Etwas nicht in Ordnung sein muss :-(
Ich wünsche dir gute Besserung, und hoffe, dass es *aufwärts* geht.

Danke für den Bericht, und heb der sorg!

Liäbi Grüäss
Hilde

Thea hat gesagt…

Liebe Katharina,

Ich wünsche dir alles Gute. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, "wehleidig" zu sein, aber genau das ist es, was man lernen muss, um leben zu können.
Gute Besserung, und viel Kraft.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Strickfraueli hat gesagt…

O Katharina....ich finde kaum worte...das ist ja schrecklich und dazu noch vom spital abgewiesen zu werden...sind wir in der schweiz wirklich soweit...ich wurde vor jahren mit meiner tochter auch abgewiesen, sie hatte einen doppelten schädelbruch.....ich finde es einfach nur mies wie man behandelt wird. Ich wünsche dir viel kraft und glaub daran...du schaffst die 2. chemo viel besser.
liebe liebe grüsse ann

Nadia hat gesagt…

Liebe Katharina
ich habe in den letzten Tagen oft an Dich gedacht, weil wir nichts mehr von Dir zu lesen bekamen!
Es ist einfach zum Ko...., wie gewisse Menschen einem nicht ernst nehmen!! Aus diesem Grund hatten wir vor 22 Jahren unser 1. Kind verloren bei der Geburt. Wenn wir unsere Bedenken angebracht hatten, hiess es immer wieder falsche Wehen, bis es zu spät war. Wir sind dann gegen den verantwortlichen Arzt vorgegangen und er musste zahlen. Natürlich kein Ersatz für das Kind, aber wenigstens eine winzig kleine Genugtuung. Ja, es ist so schwierig sein eigenes Befinden einzuschätzen, man will ja kein Jammeri sein....
Ich hoffe für dich, dass die 2. Chemo nicht mehr so schlimm sein wird!!
Liebe Grüsse
Nadia

Dany+Tony hat gesagt…

Ui Katharina.... Auch ich habe oft an Dich gedacht! Wie es Dir wohl gehen mag.... Die Reaktion des Spitals war ja total schlimm!! Absolute Arroganz!!!
Was ich irgendwie nicht verstehe..... warum hat man Dich nicht vor Fieber gewarnt? Und Dir gesagt was dann zu tun ist...?! Wenn ein Kind eine Chemotherapie macht, dann bekommt man ganz genaue Instruktionen mit nach Hause. Ein Kind mit Fieber über 38,5 muss sofort notfallmässig ins Spital (kommt bei den Kindern sehr oft vor). Dort bekommt es erstmals Antibiotika. Dann werden die Werte gemessen, die meistens gegen Null sind, so wie bei Dir.
Ich versteh nicht warum man die Kinder (respektiv Eltern) so supergut informiert und die Erwachsenen irgendwie alleine gelassen werden. Die Nebenwirkungen sind ja überall etwa dieselben....
Ich glaube Dir das erste Mal dass Du in Lebensgefahr geschwebt hast! Ach Katharina, ich schicke Dir einen ganz dicken Knuddler!! Wieviele Chemo`s musst Du machen?
Liebi Grüess und erhole Dich gut!
Dany

Stricken und Nähen by Ruth hat gesagt…

Liebe Katarina
Ich bin schockiert, fast nicht zu glauben was dir da wiederfahren ist. Toll wie du reagiert hast. Dein Körper hat dir ja eindeutig angezeigt dass etwas nicht stimmt. Wenn noch mehr im Gesundheitswesen gespart werden muss und Stellen abgebaut werden, wird das für Patienten die Hilfe suchen, nicht einfacher.
Ich bin glücklich, dass es dir wieder etwas besser geht. Hab keine Angst vor der nächsten Chemo, sonst kommts nicht gut.
Ich wünsche dir viel, viel Glück und baldige Genesung !
Liebe Grüsse Ruth

mo hat gesagt…

Jetzt bin ich aber richtig sauer. Sorry - bin Krankenschwester.
Und so etwas fällt unter "unterlassene Hilfeleistung", was strafbar ist...

Gut, meine liebe Katharina, daß Du Dich gewehrt hast! Ich liebe mündige Patienten!

Ich habe immer wieder geschaut, wann Du was Neues schreibst, wollte aber nicht nachfragen -

Wie lange geht denn dieser erste Chemo-Zyklus noch?
Die haben Dir ja echt eine Dröhnung verpasst, wenn beim ersten mal schon die Haare ausgehen - und das ist, was mich so wütend macht - ist doch logisch, daß dann solche (hier: Fieber-)Reaktionen kommen!!!!

Tu mir (bzw. Dir) bitte einen Gefallen: Melde Dich weiterhin sofort, wenn irgendwas nicht so ist, wie es sein sollte und laß Dich nicht abwimmeln!
Das ist keine Frage der Bescheidenheit / Wehleidigkeit, sondern DU bist der erste Polizist vor Ort!
Aber jetzt bin ich erst einmal erleichtert, daßDu wieder da bist...
Sei ganz doll gebusselt
mo

Brigitta hat gesagt…

Hallo Katarina

Hab grad eben Deinen Blog entdeckt und natürlich sofort dort gelesen, und bin erschrocken was Du erlebt hast. Bin froh das es Dir besser geht. Finds toll wie stark Du bist, dass Du alleine ins Spital gefahren bist. Super!

Denke an Dich und ganz liebe Grüsse
Brigitta

Anke hat gesagt…

Liebe Katarina,
ich schaue eigentlich täglich bei Dir vorbei auf meiner Blogrunde und habe so gehofft, dass es Dir gut geht. Das war aber knapp! Danke, dass Du den Mut hast, das mit uns zu teilen. Ich wünsche Dir von Herzen, dass die Therapien auch anschlagen und dass Du wieder ganz gesund wirst!
Viele Grüße aus Deutschland
Anke

Sunsy hat gesagt…

Liebes, das liest sich ja grauslich! Ich kann dir nur all meine guten Gedanken und Energie schicken und hoffe, dass du alles gut überstehst und deine Selbstheilungskräfte ganze Arbeit leisten werden.

Fühl dich ganz lieb umarmt

glg, Sunsy

Nina hat gesagt…

Liebgrüss

Nina

Stärneschyiin hat gesagt…

Liebe Katarina

...als ich deinen Beitrag las... muss ich sagen... mir fehlten die Worte!!!!!
Wegen des Spitals, das dich abgewiesen hat!!!!!
Unglaublich, dass es sowas gibt!!!!

Ich wünsche dir von Herzen gute Genesung!!!!

Herzlichst Nathalie

Allerleirauh hat gesagt…

Du musst eine starke Frau sein, ich wünsche dir, dass du die nächsten Behandlungen problemlos hinter dich bringen kannst.
Liebe Grüsse, Allerleirauh