Montag, 28. September 2009

Auch das noch...!

Ich war heute Nachmittag mit meinem Bruder im Rechtsmedizinischen Institut der Uni Zürich, wohin unsere Mutter am Freitagabend gebracht worden war. Der Staatsanwalt hat den Hinschied meiner Mutter als ungewöhnlichen Todesfall beurteilt und deshalb eine Obduktion angeordnet, obwohl weder der Arzt noch der Polizist eine Dritteinwirkung vermutet hatten, als sie gefunden worden war, und auch sonst keinerlei Spuren von Gewalt oder so wahrzunehmen waren. Das Schliesssystem der Wohnung war ebenfalls intakt - sie war also eingeschlossen in ihrer eigenen Wohnung.

Trotzdem sollen morgen Schädel und Thorax meiner Mutter geöffnet, Gewebeproben entnommen und das Blut untersucht werden, um herauszufinden, ob eventuell eine Dritteinwirkung zu ihrem Tod geführt hat oder ob womöglich ein Suizid vorliegt.

Es ist entsetzlich! Natürlich würde ich wissen wollen, wenn jemand meiner Mutter das Leben genommen oder sie sich selbst umgebracht hätte. Aber ich kann mir weder das eine noch das andere vorstellen! Sie hatte meines Wissens keine Feinde, und Wertsachen hatte sie auch nicht, die gelohnt hätten, sie zu töten... Und dass sie ihr Leben selbst beendet hätte, ist dermassen absurd, dass ich nur den Kopf schütteln kann. Das widerspräche all ihren Überzeugungen als aktives Mitglied des Lectorium Rosicrucianum; nein, ich glaube niemals an Suizid!

Der Besuch bei der Gerichtsmedizin hatte aber auch sein Gutes: Ich durfte sie noch einmal unversehrt sehen. Und jetzt, da ich sie gesehen habe, kann ich auch glauben, dass sie wirklich tot ist. Vorher war das so abstrakt - ich hatte immer das Gefühl, sie könnte jeden Augenblick anrufen; ihr Tod war so unfassbar für mich. Jetzt nicht mehr; jetzt weiss ich es.

Dennoch beginnt das Gedankenkarussell sich zu drehen. Aber ich will und darf mir nicht vorstellen, dass sie aufgeschnitten und aufgesägt wird; sonst drehe ich durch. Das kann ich mir im Moment nicht leisten; ich brauche alle Kräfte, um am Mittwoch mit der ersten (von zwölf vorgesehenen) Taxol-Chemotherapie zurechtzukommen.

Ich fühle mich sehr erschöpft und hoffe, diese Nacht wieder einmal richtig schlafen zu können. Vielleicht geht es ja langsam, Schritt für Schritt, wieder aufwärts. Ich habe so den leisen Eindruck, das Leben habe mich wieder...

Freitag, 25. September 2009

... like a motherless child ...

Meine Mutter ist gestorben. Einfach so, aus heiterem Himmel, mit noch nicht einmal 76 Jahren. Ich bin fassungslos, kann und will nicht glauben, dass sie wirklich tot ist. Dass wir einander nie mehr besuchen, nie mehr miteinander reden und lachen werden. Dass ich nie mehr ihre liebe Stimme am Telefon hören werde...

Sie war von aussergewöhnlicher Herzenswärme und messerscharfem Verstand. Sie war inniger Anteilnahme und echter Freude fähig, konnte ermutigen, aber auch kritisieren. Mit ihr konnte ich stundenlang diskutieren über Gott und die Welt, oder auch einfach schweigen. Sie hatte Ausdauer, konnte aber auch eingestehen, wenn ihr etwas zu viel wurde. Und sie war fähig, anderen unaufdringlich und selbstverständlich zu helfen. Sie war ... meine Mutter eben!

Dies wird ein langer Abschied sein.

Montag, 21. September 2009

Es ist wieder soweit: Alpabfahrt

Wie jedes Jahr ziehen auch heuer die Sennen mit ihren Herden von den Alpweiden zurück ins Tal. Die Kühe und Rinder sind prächtig geschmückt, die Sennen tragen ihre Hirtenhemden, und wenn dann auch noch die frühherbstliche Sonne die ganze Szenerie in ein so wunderschönes Licht taucht, ist die Alpabfahrt perfekt. Zuvorderst die schönsten Kühe mit ihren zum Teil grossen Schellen, die auch ein ordentliches Gewicht haben. Wenn man bedenkt, dass Mensch und Tier oft gegen acht Stunden lang unterwegs sind, vollbringen diese bei der alljährlichen Alpabfahrt eine beachtliche Leistung. Die kleine Sennerin (links, im weissen Hirtenhemd) ist jedenfalls schon ordentlich müde und freut sich auf den Imbiss, der auf dem heimischen Hof auf sie wartet...
Nicht nur Blumen, auch kunstvoll bestickte Stirnplatten schmücken die Kühe. Der Blumenschmuck wird übrigens von den Sennen (oder ihren Frauen) selbst hergestellt mit Blumen aus den eigenen Gärten! Sogar die einhörnige Kuh wurde mit Blumen geschmückt. Etwas kleiner, aber nicht weniger farbenfroh ist der Blumenschmuck der Rinder. Die Glockenbänder sind mit prachtvollen Stickereien verziert. Man beachte ausserdem den Blumenschmuck mit den "Federn" - eine wunderschöne Leitkuh, die sich ihrer Würde wohl bewusst zu sein scheint!

Sonntag, 13. September 2009

Dramatischer Abendhimmel

Nachdem es heute fast den ganzen Tag neblig-trüb war und die Sonne sich erst kurz vor der Dämmerung durchsetzte, machte der Abendhimmel alles mehr als wett. Die Wolke sieht fast so aus wie eine Frau, die sich den Aubrig (Berg links) als Kopfkissen genommen und die Füsse auf die Sattelegg (rechts) gelegt hat. Oder - geht jetzt wieder meine Phantasie mit mir durch...? Nur wenig später hatte sich die Wolkenlandschaft dramatisch verändert - zwischen Aubrig und Sattelegg aber rissen die Wolken auf. Die letzten Sonnenstrahlen warfen einen rosafarbenen Schimmer auf die Wolkenränder; prachtvoll! Mit einer nur leicht verschobenen Perspektive präsentierte sich das Wolkenloch ganz anders. Gleicht dessen Form nicht fast dem Umriss Grossbritanniens? Nein? Oder doch? Wenigstens ein bisschen?

Ich mag solche Wolkengedankenspiele. Ich habe einen guten Freund, einen Künstler, der mich vor bald 20 Jahren lehrte, neu und ganz anders zu sehen. Und seither nehme ich in Wolken, in Felsformationen oder Waldstrukturen manchmal Dinge wahr, die angeblich gar nicht da sind...

Golliwog

In den letzten drei Tagen habe ich für das anfangs Mai geborene Töchterlein meiner Nachbarin ein Baumwoll-Püppchen gestrickt. "Aha, ein Golliwog", meinte mein Liebster. Golliwog - ist die englische Bezeichnung für diese Art weicher Puppen, die sich vor allem für ganz kleine Kinder eignen und von diesen meistens heiss geliebt werden. Mir gefällt dieser "Name", ich finde, er passt irgendwie besonders gut zu diesem kleinen Kerl. Ich habe dafür Resten von ganz gewöhnlichem Baumwollgarn auf einem 2,5-mm-Nadelspiel verstrickt. Das Püppchen ist mit sogenannter Füllwatte gefüllt und voll (maschinen-)waschbar.

Nun hoffe ich, der kleine Sonnenschein werde sich über seinen Golliwog freuen und ihn liebgewinnen!

So langsam ...

... tauche ich wieder auf. Die Nebenwirkungen der Chemo lassen nach; es braucht einfach jedes Mal viel Geduld. Noch spielt meine Körpertemperatur verrückt; sie bewegt sich zwischen 34,2°C bis 37,8°C - und das mehrmals täglich! Das schlaucht natürlich, aber immerhin mag ich wieder stricken ;-) Es ist zwar nur ein kleines Projekt, aber immerhin! Ich habe mir eine sogenannte ChemoCap gestrickt. Die Anleitung habe ich hier gefunden. Allerdings musste ich ziemlich viel umrechnen, weil die Maschenprobe kleiner war als angegeben. Ist aber trotzdem gut gelungen.Die Abnehmen am Oberkopf bilden einen 9zackigen Stern; ich finde, das sieht doch sehr raffiniert aus! Hier ist das Randmuster besonders gut zu erkennen. Verstrickt habe ich einen Rest Nachtburgunder von Ewas Sockenwolle, der von einem Paar Socken übriggeblieben war, und zwar auf einer 3-mm-Rundstricknadel. Und da ist immer noch genug von diesem Garn übrig, um mir daraus ein Paar passende Pulswärmerli stricken zu können...

Sonntag, 6. September 2009

Chemo-Blues

Das Wetter schöner als man es sich ausdenken könnte, der gestrige Tag ein Highlight - und heute war ich müde und erschöpft.

Die Mundschleimhaut schmerzt und die Schluckbeschwerden nehmen wieder zu. Ich bin einfach nur froh, dass die vier Zyklen Chemotherapie mit Epirubicin und Cyclophosphamid hinter mir liegen! Heute habe ich den ganzen Tag nur geschlafen - stundenlang. Einen speziellen Grund für meine Müdigkeit gibt es nicht, ausser der Chemotherapie, natürlich.

Ich mag es überhaupt nicht, wenn ich mich so saft- und kraftlos fühle. Mir ist, als wäre der Tag verloren - er geht vorbei, und alles, was ich gerne hätte machen wollen, bleibt liegen. Grmpf!