Heute vor einem Jahr ist meine Mutter gestorben. Eigentlich ist es unvorstellbar, dass seit jenem Tag schon zwölf Monate vergangen sind. 52 Wochen. 365 Tage ohne meine Mutter. Ich weiss noch, wie ihre Stimme klang, sehe noch ihr freundliches Gesicht, ihr liebevolles Lächeln. Und immer noch vermisse ich sie, jeden Tag aufs neue.
Ich war mit meinen Brüdern am frühen Nachmittag auf dem Friedhof verabredet. Es regnete in Strömen, wir standen da, froren. Ich legte die mitgebrachten Blumen dahin, wo ihre Urne im Gemeinschaftsgrab beigesetzt worden war. Irgendwie ist es trostlos, dass dort nichts, aber auch gar nichts an sie erinnert, nicht mal eine kleine Namenstafel. Als hätte es sie nie gegeben.
Wir fuhren dann zu Mamis Ferienhaus und verbrachten einen verregneten Nachmittag in ihrer Datscha. Das Häuschen steht an einem Waldrand, sehr idyllisch gelegen. Natürlich war alles kalt, in den Räumen müffelte es wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Der eine Bruder heizte den Schwedenofen ein, bald knisterte ein Feuer, langsam wurde es warm im Stübli. Wir erzählten, erinnerten uns an sie. Der Kloss im Hals löste sich, bald fanden wir auch allerhand zu schmunzeln und zu lachen.
Ich bin im Moment damit beschäftigt, den schriftlichen Nachlass unserer Mutter zu sichten. Da sind unzählige Briefe, Geschichten, Tagebücher. Ich habe damit begonnen, ihre Notizen in den Computer zu tippen, chronologisch, und hoffe, daraus irgendwann eine schlüssige Lebensgeschichte zusammenzustellen für mich, meine Brüder und unsere Kinder.
Aus Anlass ihres Todestages hatte ich zwei von Mamis Geschichten auf schönes Papier ausgedruckt und meinen Brüdern mitgebracht; auch Mamis Schwestern - meinen Tanten - habe ich diese Geschichten zugeschickt, zusammen mit einem Foto.
Am Abend sind wir noch zusammen Pizza essen gegangen. Es war ein traurig-fröhlicher, guter Tag, und wir haben im Sinn, diesen "Mami-Tag" zu einer Tradition werden zu lassen. Wir sehen einander seit ihrem Tod sowieso viel öfter als jemals zuvor. Ich glaube, unsere Mutter wäre zufrieden mit uns ...
8 Kommentare:
Ich wünsche dir, dass du diesen Tag gut erlebst und die schönen Erinnerungen an deine Mama immer im Herz bewahrst. Fühl dich ganz lieb umarmt. maria
Liebe Katarina, wie gut ich das nachempfinden kann, ist es doch ein besonderes band, daß uns mit der mutter verbindet. Wie schön, daß Deine geschwister mit Dir waren!
Alles liebe für Dich u. sonnige grüße
Bine
♥Lass dich ganz lieb drücken♥
Liebe Katarina,
ich habe auch den Eindruck, dass deine Mutter mit euch zufrieden wäre...hier ist auch jemand überraschend gestorben und vor 3 Tagen war ich zur Beerdigung und auf der Anzeige stand: "Die Erinnerung ist ein Fenster durch das ich dich sehen kann, wann immer ich will." Ich finde das passt auch zu dem, wie ihr Geschwister den Gedenktag, mit viel Erinnnerung an eure Mutter verbracht habt. Auch das Sortieren und Beschäftigen mit dem schriftlichen Nachlass ist mit viel Erinnerung verbunden...
Ganz liebe Grüße und weiterhin alles Gute für dich
Anke
Liebe Katarina,
auch ich kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Erinnerungen sind alles, was wir von einander haben. Daher lebt der gestorbene weiter in uns, durch unsere Gedanken, Gefühle und Verbundenheit mit ihm, die alle nicht entschwinden. Es ist schön und gut, daß Du Dich mit dem Nachlaß Deiner Mutter beschäftigst, jetzt, wenn der Schmerz etwas nachgelassen hat. Dadurch wird sie Dir noch näher werden und Du wirst sie von einer vielleicht Dir bisher unbekannten Seite kennenlernen.
Alles Gute. Snjezana
Liebe Katharina,
ich freue mich für dich, dass du Briefe, Geschichten und Tagebücher von deiner Mama hast - das ergänzt die Erinnerung im Herzen.
Meine Mama starb vor 11 Jahren, aber sie ist täglich bei mir. Es wird dir nicht anders gehen.
Es gibt ein naturwissenschaftliches Gesetz: Es geht keine Materie verloren, sie ändert sich nur.
Nur weil wir etwas nicht mehr sehen können, heißt das nicht dass es weg ist.
Liebe Grüße
Silvia
Liebe Katarina,
das hat mich sehr gerührt, was Du da über die Erinnerung an Deine Mutter schreibst. Ich glaube, der wichtigste Mensch im Leben ist die eigene Mutter, die einen von Beginn an begleitet hat. Und der Verlust dieser einem so nahe stehenden Person ist gewiss durch nichts wettzumachen.
Viele liebe Grüße
Anke
Ein Jahr?? Das ist doch nicht zu glauben. Wo ist das geblieben? Ich erinnere mich noch ganz genau an deinen Blogeintrag und die Worte, die du gefunden hast, um zu beschreiben was passiert ist und wie du dich fühlst.
J.R.
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